Zusammenfassung
Bei 2 Fällen von Blasenmole, die klinisch einhergingen mit Ikterus und unstillbarem
Erbrechen, wurden im Urin ungewöhnlich hohe Mengen von Vorderlappenhormon gefunden.
Im ersten Fall enthielt 1 Liter Urin 260 000 Mäuseeinheiten, im zweiten Fall sogar
520 000 Mäuseeinheiten, während sich bei normaler Gravidität im Liter im allgemeinen
nicht mehr als 8—10000 Mäuseeinheiten finden. In den beiden vorliegenden Fällen war
also die Hormonkonzentration im Urin 26mal bzw. 52mal höher als bei normaler Schwangerschaft.
Man könnte daran denken, diese ungewöhnlich hohen Hormonkonzentrationen mit den bekannten
ovariellen Veränderungen, die sich ja sehr häufig bei Blasenmole finden, in kausalen
Zusammenhang zu bringen[1)]. So naheliegend an sich eine solche Annahme auch sein mag, so wäre es doch verfehlt,
aus zwei Einzelbeobachtungen zu weitgehende Schlußfolgerungen ziehen zu wollen. Die
Frage eines derartigen Zusammenhanges kann nur an Hand eines größeren Zahlenmaterials
geprüft werden. Ferner darf nicht vergessen werden, daß das klinische Zustandsbild
der Blasenmole nicht einheitlich ist. Nicht bei jeder Blasenmole finden sich große
Ovarien mit Luteinzysten und nicht jede Blasenmole führt zum Chorionepitheliom. Ob
das hormonale Zustandsbild der Blasenmole mehr Einheitlichkeit aufweist als das klinische
Zustandsbild, kann a priori nicht entschieden werden. Folgende Fragen bleiben zu klären:
1. Sind die hohen Hormonkonzentrationen, wie sie in den beiden vorstehend beschriebenen
Fällen gefunden wurden, bei Blasenmolen-patientinnen öfter nachweisbar oder handelt
es sich hier um zwei Ausnahmefälle[2)]? 2. Falls die erste Annahme zutreffen sollte, so müßte ermittelt werden, ob die
Hormonkonzentration irgendwelche prognostische Schlüsse für das weitere Schicksal
von Molenträgerinnen zuläßt.
Wie dem auch sein mag: so weit wir die Verhältnisse jetzt übersehen, scheint es empfehlenswert,
bei allen Fällen, bei denen klinisch Verdacht auf Blasenmole besteht, zur weiteren
Klärung und Sicherung der Diagnose eine quantitative hormonale Urinanalyse vorzunehmen.
Zum Schluß sei noch hervorgehoben, daß in den beiden hier geschilderten Fällen keinerlei
akromegale Symptome nachweisbar waren. Es lag natürlich nahe, im Hinblick auf die
hohen Vorderlappenhormonmengen nach derartigen Symptomen zu suchen. Das Fehlen derselben
bei beiden Patientinnen weist darauf hin, daß bei dem Zustandekommen der Schwangerschaftsakromegalie
außer dem Vorderlappenhormon noch andere ätiologisch wichtige Faktoren eine Rolle
spielen.
Anmerkung bei der Korrektur. Aus der inzwischen erschienenen Literatur entnehme ich,
daß auch von anderen Autoren ähnlich hohe Vorderlappenhormonkonzentrationen wie in
den beiden hier beschriebenen Fällen beobachtet wurden. So teilte Aschheim in der
Berliner Gesellschaft für Geb. u. Gynäk. am 25. X. 1929 mit, daß er im Harn einer
Molenpatientin 250 M.E. im Kubikzentimeter gefunden hat, und Wagner erwähnt in seiner
Arbeit über die ZAR. kurz, daß er in einem Fall von Blasenmole eine 10mal so hohe
Konzentration als bei normaler Gravidität beobachten konnte. (D. m. W. 1930 S. 51.)
Auch Robert Meyer und Rößler sowie E. Philipp haben in Diskussionsbemerkungen über
ähnliche Feststellungen berichtet. (S. Zbl. Gynäk. 1930 S.430.)
1 Es ist das Verdienst von Aschheim, erstmalig auf die möglicherweise bestehenden Zusammenhänge
zwischen Vorderlappenhormongehalt des Blutes und Luteinzystenbildung hingewiesen zu
haben. (S.
Zbl. Gynäk. 1928 S. 608.).
2 Wir haben unserer Klinik ein biologisches Laboratorium mit geschultem Personal angegliedert,
in dem jederzeit hormonale Urinanalysen ausgeführt werden können. Um die Frage der
Vorderlappenhormonkonzentration bei Blasenmolenpatientinnen möglichst rasch an einem
größeren Zahlenmaterial prüfen zu können, wären wir für Ueberweisung von geeignetem
Untersuchungsmaterial (Urin, der vor Ausstoßung oder Ausräumung der Mole entleert
wurde) dankbar.